Ende September 2016 war ich am Göhrener Nordperd auf Fossiliensuche. Es war ein wunderbarer Herbsttag. Genauso, wie man ihn sich wünscht, wenn unsereins in dieser Jahreszeit auf Deutschlands größter Insel weilt und möglichst oft draußen sein möchte. Mild und sonnig. Fast windstill. Das Wasser der Ostsee plätscherte leise vor sich hin und strahlte mit dem blauen Himmel um die Wette. Andere Menschen tauchten nur ab und zu auf. Was will man mehr! Glücklich und zufrieden schlenderte ich den Strand entlang - den Blick nach unten auf die Millionen Jahre alten, eiszeitlichen Hinterlassenschaften gerichtet. Und als ich mich bückte, um einen besonders interessanten Stein näher in Augenschein zu nehmen, flitzten die Steine daneben davon. Kein Witz!
Okay. Die flitzenden Steine hatten zwei Beine, einen recht langen Schnabel und Federn. Vögel, die wie die Geschiebe zu meinen Füßen aus dem hohen Norden stammen. Steinwälzer! Meine Güte. Was für ein Glück. Diese Vögel kannte ich bisher nur aus dem Fernsehen bzw. aus Büchern. Obwohl ich seit unzähligen Jahren regelmäßig auch im Herbst auf Rügen bin, haben Steinwälzer noch nie meinem Weg gekreuzt. Augenblicklich war die Fossiliensuche vergessen und ich hatte nur noch Augen für die ca. 20 - 25 cm großen Vögel, die ihre Brutgebiete in arktischen Gefilden haben und lediglich die Winter unter anderem an unseren Küsten verbringen. In ihrem Ruhekleid farblich perfekt an ihre Umgebung angepasst, waren sie mir zwischen den Steinen gar nicht aufgefallen.
Vor mir trippelten fünf Vögel munter hin und her und machen ihrem Namen alle Ehre. Unermüdlich drehten sie mit dem Schnabel jeden Stein um oder stocherten zwischen ihnen herum, um Muscheln und Schnecken aufzustöbern, deren Schalen sie geschickt zu knacken wissen. Seegras und -tang am Spülsaum wurden genauso gründlich unter den Schnabel genommen wie der Sand.
Da Steinwälzer in menschenleeren Gebieten brüten oder nur sehr selten Menschen begegnen, betrachten sie uns Zweibeiner offensichtlich nicht als Feind und verhalten sie sich wenig scheu. Glück für mich, die die nächsten zwei Stunden auf einem Findling in Sonne sitzend die Steinwälzer beobachten und fotografieren konnte.