Wie viele andere Menschen befinde auch ich mich wegen Corona im Homeoffice. Und weil es nicht mein Ding ist, aus dem Bett an den Schreibtisch zu fallen, mache ich am Morgen eine Runde durch Staaken. In gewisser Weise begebe ich mich also auf den Weg zur Arbeit. Das Schöne daran ist, dass ich mir den Weg aussuchen kann und nicht Tag für Tag dieselbe Strecke nehmen muss. Und natürlich gehe ich zu Fuß. Also nehme ich mal diesen und mal jenen Weg und Anfang April habe ich mir gedacht, dass ich ja mal wieder den Hahneberg besuchen könnte. Bis vor drei Jahren ungefähr war das Hahneberg-Gelände mein bevorzugtes Ziel und ich trieb mich mindestens zwei Mal in der Woche dort herum. Ich war von der artenreichen Vogel- und Insektenwelt genauso fasziniert wie von der vielfältigen Flora auf den Magerrasenflächen. Unzählige Stunden voller wunderbarer Beobachtungen und Erlebnisse habe ich am Hahneberg verbracht und möchte bis heute keine davon missen. Als sich dann nach und nach diverse Ziegen- bzw. Schafsgehege zu den eingezäunten Eidechsengehegen gesellten und die Wiesen bereits Mitte Mai von den Vierbeinern kahlgefressen wurden, kam ich ziemlich ins Grübeln. Das, was ich sah, gefiel mir überhaupt nicht und hatte meiner Meinung nach nichts mit Naturschutz zu tun. Ich sah Ziegentrupps in Gehegen mit Hundsrosen und anderen Sträuchern, in denen gerade Neuntöter brüteten. Deren Gelege wurden durch das Fressverhalten der Ziegen freigelegt und waren schutzlos den Wettern und ihren Fressfeinden ausgeliefert; die Vögel wurden zudem permanent beim Brutgeschäft gestört. Viel zu viele Schafe standen auf viel zu kleinen Wiesenflächen, die bis auf den Boden abgefressen wurden und das nicht nur zwei Mal im Jahr. Die Hinterlassenschaften der Schafs- und Ziegengemeinde blieben natürlich liegen. Dieser permanente Nährstoffeintrag und das zu häufige Beweiden machte dann auch den letzten Berg-Sandglöckchen und Sandstrohblumen auf einigen Flächen den Garaus.
Nach zwei Jahren konnte man dafür auf diesen Flächen einen grandiosen Massenaufwuchs von Ackersenf, Acker-Kratzdistel, Wiesen-Kerbel und Gewöhnlicher Ochsenzunge bestaunen, da sich die ehemals artenreiche Flora mitsamt den Schmetterlingen und anderen Insekten verabschiedet hatte. Dazu kam die stetig steigende Zahl der Hundebesitzer, deren Lieblinge nur selten an der Leine geführt wurden und überall rumstöberten - keine guten Bedingungen für Feldhase, Rotfuchs und Reh. Mal ganz abgesehen von den stinkenden Hinterlassenschaften der Lieblinge oder Bergen von Hundekottüten neben den Sitzbänken. Über den Vandalismus - zerstörte Bänke, abgesägte Bäume und Büsche für Lagerfeuer - sowie den hinterlassenen Müll will ich gar nichts erst reden. Kurzum: Irgendwann hatte ich genug. Es tat mir in der Seele weh, wie mein kleines Paradies zerstört und so vielen Tieren und Pflanzen der Lebensraum genommen wurde. Und es verfolgte mich bis in den Schlaf. Ich fand in diesen Zeiten weder Erholung noch Freude am Hahneberg und so kam es, dass ich mich nur noch selten dort blicken ließ. Aber - wie bereits geschrieben - wegen Corona, Homeoffice und weil ich nicht jeden Tag den gleichen Weg gehen möchte, habe ich den Hahneberg im April mehrmals besucht ... und habe es wider Erwarten genossen, weil am frühen Morgen so gut wie keine Menschen und Hunde dort anzutreffen sind. Einmal mehr habe ich mich außerdem darüber gefreut, dass es keinen Fluglärm mehr über Staaken gibt. Nur die Vögel und den Wind zu hören, das ist einfach toll. Mit mindestens genauso viel Freude habe ich zur Kenntnis genommen, dass die Zahl der Weidetiere enorm abgenommen hat und nun Hoffnung für all jene Wesen besteht, die geblieben sind. Einziger Wermutstropfen war der Anblick des komplett gerodeten und gemähten Wiesenareals Richtung Seeburg - Braunkehlchen und Schwarzkehlchen haben damit ihre Nistmöglichkeiten verloren, denn sie brauchen eine Krautschicht für ihre Bodennester und Halme aus dem Vorjahr als Ansitz. Außerdem haben nun Hunde und Menschen ungehinderten Zugang in jedes Eckchen. Aber nun genug des Meckerns und Kritisierens. Schließlich sollte es hier um die Vogelwelt am Hahneberg gehen. Neben dem wunderschönen, balzenden Star und dem prachtvoll gekleideten Buchfinken-Männchen auf Brautschau sind mir die nachfolgenden gefiederten Gesellen über den Weg geflattert ...
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Weil ich oben so viel gemeckert habe, möchte ich es nicht versäumen, ein paar Worte an die Menschen in der Naturschutzstation Hahneberg zu richten. Danke für eure Arbeit und euren Einsatz für die Natur. Im Winter habe ich beobachtet, wie ihr (leider vergeblich) versucht habt, die Menschen vom Rodeln im als Naturschutzgebiet ausgewiesenen Teil abzuhalten. Hut ab vor eurer Courage.
Die Naturschutzstation Hahneberg führt übrigens verschiedene naturkundliche Veranstaltungen (auch Vogelwanderungen) durch. Informieren kann man sich über den folgenden Link: Naturschutzstation Hahneberg.
Und wer wissen möchte, wie es mit den Vögeln am Hahneberg im Mai weitergegangen ist:
ausSpandau (Mittwoch, 12 Mai 2021 15:17)
Sehr geehrte Frau Haufe, ich verstehe nicht, warum Sie an der Beweidung des Hahnebergs so rummeckern. Es ist doch schön, dass es dort Tiere gibt, die man sich von nahem ansehen kann. Besonders für die Kinder. Mich stören eigentlich nur die eingezäunten Eidechsengehege, denn Eidechsen gibt es am Hahneberg überall. Und mit den Hunden haben Sie es wohl nicht so. Aber irgendwo müssen die sich ja austoben. Ich bin jedenfalls gerne am Hahneberg. Aber immerhin sind Ihre Fotos ganz schön.
Mit freundlichen Grüßen
Eine Spandauerin