Bernstein im Wald - Goldgelbe Zitterlinge (Tremella mesenterica)

Ein Goldgelber Zitterling (Tremella mesenterica) ist ein grandioser Farbtupfer im Winter, 07.12.2023, Staaken/Berlin.
Ein Goldgelber Zitterling (Tremella mesenterica) ist ein grandioser Farbtupfer im Winter, 07.12.2023, Staaken/Berlin.

Bernstein im Wald? Ja. Genau. Aber es geht mitnichten um das fossile Harz, nach dem man sich am Strand den Hals verrenkt und das im baltischen Raum tatsächlich im Wald gefunden werden kann, sondern um bernsteingelbe Pilze. Denjenigen, die in den Herbst- und Wintermonaten am Staakener Hahneberg unterwegs sind, sind sie vielleicht schon einmal ins Auge gefallen: Gelbe Farbtupfer auf den Ästen von Eichen oder auf herabgefallenen Zweigen, die weithin sichtbar leuchten. Sie haben Goldgelbe Zitterlinge (Tremella mesenterica) entdeckt, die neben den Samtfuß-Rüblingen die farbenprächtigsten Pilze des Winters sind. Das finde ich jedenfalls. Und es bereitet mir immer wieder aufs Neue Freude, sie zu entdecken und zu betrachten. Manchmal thront nur ein einziger auf einem Ast. An anderen Stellen bilden sie Gruppen und wachsen nebeneinander. Von Weitem sieht es wirklich so aus, als hätte jemand goldgelbe Bernsteine auf die Zweige gelegt. Geht man näher heran, fällt einem die gewundene, hirnartige Struktur der Pilze auf. Beim jungen Pilz liegt alles fest und dicht beeinander. Er strahlt an seinem Ast und macht seinem Namen alle Ehre. Gesagt sei, dass die Farbe des Pilzes nicht immer goldgelb ist, mal geht sie mehr ins Orange (zum Beispiel wenn es trocken ist) und mal ins Hellgelbe. Nahezu durchsichtige Zitterlinge mit weißer oder nur leicht gelblicher Farbe sind im Vergleich zum Goldgelben Zitterling selten (oder werden schlichtweg seltener entdeckt, weil sie so unauffällig sind). Sie sind eine Varietät des Goldgelben Zitterlings und werden "Kristallzitterling" (Tremella mesenterica forma crystallina) genannt.

Goldgelber Zitterling, 06.11.2019, ehemaliges Krankenhaus West-Staaken/Berlin.
Goldgelber Zitterling, 06.11.2019, ehemaliges Krankenhaus West-Staaken/Berlin.
Beim Kristallzitterling handelt es sich um eine Varietät des Goldgelben Zitterlings, 02.12.2017, Darßwald/Mecklenburg-Vorpommern.
Beim Kristallzitterling handelt es sich um eine Varietät des Goldgelben Zitterlings, 02.12.2017, Darßwald/Mecklenburg-Vorpommern.

In jungem Zustand liegt die gallertartige Struktur dicht beeinander, 07.12.2023, Staaken/Berlin..
In jungem Zustand liegt die gallertartige Struktur dicht beeinander, 07.12.2023, Staaken/Berlin..
In der farbarmen Jahreszeit sind Goldgelbe Zitterlinge ein Hingucker, 06.11.2021, Hahneberg/Berlin.
In der farbarmen Jahreszeit sind Goldgelbe Zitterlinge ein Hingucker, 06.11.2021, Hahneberg/Berlin.

Je älter er wird, um so mehr fällt die Struktur auseinander und der Pilz beginnt, nach unten zu verlaufen. Mit zunehmendem Alter verblasst außerdem seine Farbe - das Gelb verschwindet nach und nach. Übrig bleibt eine Masse, die mit der anfangs gallertartigen Konsistenz des Pilzes und dem schönen Anblick nichts mehr gemeinsam hat. Man blickt auf einen unansehnlichen, bräunlich-grauen Schleim, der am Holz hinunter läuft oder tropft.

Mit zunehmendem Alter zerläuft die Struktur nach unten (linker Pilz), 02.01.2021, Hahneberg/Berlin.
Mit zunehmendem Alter zerläuft die Struktur nach unten (linker Pilz), 02.01.2021, Hahneberg/Berlin.
Übrig bleibt eine bräunliche, schleimige Masse (links), 02.01.2021, Hahneberg/Berlin.
Übrig bleibt eine bräunliche, schleimige Masse (links), 02.01.2021, Hahneberg/Berlin.

Goldgelbe Zitterlinge lieben Nässe und Kälte, aber keine Eiseskälte. Bevorzugt lassen sie sich in den Herbst- und Wintermonaten blicken, können jedoch das ganze Jahr über erscheinen. Folgt auf ihr Erscheinen eine längere Trockenperiode schrumpfen die Pilze auf ein Minimum zusammen, so dass man sie kaum noch erkennen kann. Wird es wieder feuchter, regenerieren sie sich wieder. Die schönen Pilze gedeihen auf absterbenden bzw. toten Ästen von Laubbäumen, wobei von Flechten und Moosen besiedeltes Holz besonders beliebt zu sein scheint. Goldgelbe Zitterlinge wachsen auf Ästen, die unter der Rinde bereits von Pilzen besiedelt sind, nämlich von flächig wachsenden, holzzersetzenden Zystrindenpilzen. Sie stellen die Wirtspilze für den parasitisch lebenden Goldgelben Zitterling dar. Stimmen die Witterungsbedingungen, verzieren Goldgelbe Zitterlinge ganze Zweige beispielsweise an Eichen oder herunter gefallenes Holz und zaubern so leuchtende Farbtupfer in die winterkarge Landschaft. Goldgelbe Zitterlinge sind dort, wo ihnen die Bedingungen zusagen, häufige Pilze. Wo es feucht und schattig ist und Laubbäume mit toten Ästen gedeihen, lohnt es sich, nach den Pilzen Ausschau zu halten. Richten Sie Ihren Blick auf die untersten Äste der Laubbäume oder auf den Boden, falls dort viele abgebrochene, tote  Äste liegen.

Goldgelbe Zitterlinge auf einem Eichenast, 10.01.2021, Hahneberg/Berlin.
Goldgelbe Zitterlinge auf einem Eichenast, 10.01.2021, Hahneberg/Berlin.
Goldgelbe Zitterlinge auf herunter gefallenem Totholz, 02.01.2021, Hahneberg/Berlin.
Goldgelbe Zitterlinge auf herunter gefallenem Totholz, 02.01.2021, Hahneberg/Berlin.

Am Hahneberg habe ich die wunderschönen Pilze bisher ausnahmslos an Eichen gefunden. In Laub- oder Laubmischwäldern und auf dem Darß hingegen außerdem an Rotbuche und Hasel. Die Größe der Zitterlinge schwankt enorm. Von kleinen Winzlingen bis hin zu Exemplaren von mehreren Zentimetern Länge und Breite habe ich schon alles gefunden. Mal sind sie von eher rundlicher Figur, mal länglich, mal aufrecht, mal nach unten gerichtet, mal umwachsen sie nahezu den gesamten Ast. Soll heißen: DEN Goldgelben Zitterling gibt es nicht. Jeder ist ein Unikat. Keiner gleicht dem anderen.

Goldgelber Zitterling in einem Eichenhain bei Wustrow/Mecklenburg-Vorpommern, 24.02.2017.
Goldgelber Zitterling in einem Eichenhain bei Wustrow/Mecklenburg-Vorpommern, 24.02.2017.

Aber egal, ob klein oder groß, eher lang oder eher breit - immer sind sie ein faszinierender Anblick, ein Wunder der Natur wie alles Lebendige auf dieser Erde. Was den Speisewert der Goldgelben Zitterlinge angeht, so bitte ich darum, dass sich jeder Interessierte darüber selbst informieren möge, da die Angaben dazu sehr unterschiedlich sind und es nicht mein Anliegen ist, Verzehrempfehlungen für Pilze zu geben (ich übernehme auch keinerlei Gewähr für die Angaben in diesem Blogartikel). Die einen schreiben, er sei ungenießbar, die anderen schreiben, er sei essbar, aber fade in Geschmack usw. usf. Nur in einem sind sich alle einig, nämlich dass er ungiftig ist. Irgendwo hatte ich außerdem mal gelesen, dass er in der asiatischen Küche Verwendung finden würde ... na jut ... wie gesagt, um die Küchentauglichkeit der gelben Schönheit muss sich jeder selbst kümmern. Ich esse den Goldgelben Zitterling nicht, sondern bestaune ihn einfach nur. Erwähnt sei noch, dass der Bernstein des Waldes inzwischen in den Fokus der Wissenschaft gerückt ist und einige seiner Inhaltstoffe im medizinischen Bereich von Belang zu sein scheinen. Darauf näher einzugehen, würde an dieser Stelle allerdings zu weit führen. Allen, die sich auf die Suche nach dem Goldgelben Zitterling machen, wünsche ich viele tolle Entdeckungen.

Kommentare: 5
  • #5

    Staakener (Freitag, 05 Januar 2024 10:10)

    Liebe Marion, schön dass du den etwas älteren Artikel wieder hervor geholt und aktualisiert hast. Diese Pilze sind wirklich eine Augenweide und seit dem du darüber geschrieben hast, entdecke ich sie auch.

  • #4

    0815 (Mittwoch, 10 Februar 2021 13:02)

    das gefällt mir besser als die weiden. die pilze sind wirklich schön anzusehen. aber jetzt ist es wahrscheinlich zu klalt.

  • #3

    Ulrich (Sonntag, 31 Januar 2021 20:44)

    Das sind ja interessante Glibberdinger. Ich hab die auch schon gesehen. Aber keine Ahnung, was das ist. Wirklich interessant.

  • #2

    muscaria (Montag, 04 Januar 2021 16:56)

    Mensch, Marion, schön, dass du mal wieder was über Pilze gemacht hast. Dass du überhaupt mal wieder was gemacht hast.
    Bleib gesund und hab ein gutes neues Jahr. Ich hoffe, du hast in diesem Jahr mehr Zeit für deine Homepage.
    LG

  • #1

    Staakener (Montag, 04 Januar 2021 10:59)

    Hallo Marion, erst einmal wünsche ich dir ein gesundes neues Jahr. Danke, dass du diese glibschigen Dinger hier zeigst. Ich habe sie in letzter Zeit oft gesehe, wußte abernicht, was das ist.