Heute geht es um Blüten. Um die farbenfrohen Blumen am Wegesrand und jene Wesen, die sie mögen und brauchen. Fliegen, Bienen, Hummeln, Käfer, Wanzen und ja, Schmetterlinge natürlich auch. Blüten
und Schmetterlinge - das gehört untrennbar zusammen und angesichts eines besonderen Fundes komme ich sowieso nicht um sie herum. Gezeigt wird eine Auswahl dessen, was mir auf meinen
Spaziergängen im Juli begegnet ist. Den Anfang macht der besondere Fund, nämlich die prächtige Raupe auf dem nebenstehenden Foto, die sich an einer Mehligen Königskerze (Verbascum lychnitis) gütlich tat und zwischen den Blüten aufgrund ihrer Farben kaum auffiel. Ehrlich gesagt, ich bin nicht wegen der Raupe stehen geblieben, sondern weil ich die
Pflanze fotografieren wollte. Die Raupe fiel mir nur auf, weil sie mit kräftigen Schlägen ihres Körpers eine Wespe vertrieb und so die gesamte Pflanze ins Wackeln brachte. Meine Güte, was für
eine Überraschung! Und wie schön sie ist. Unglaublich. Es ist die Raupe des Späten Königskerzen-Mönchs (Cucullia lychniti), einem ziemlich seltenen
Nachtfalter aus der riesigen Familie der Eulenfalter. Ich gebe zu, dass ich auf diese Entdeckung stolz wie Bolle bin. Mal ganz abgesehen von der großen Freude über diesen Fund. Ich kann gar nicht
sagen, wieviele Königskerzen ich in den letzten zwei Jahren genau unter die Lupe genommen habe, um die Raupen des Königskerzen-Mönchs oder des Späten Königskerzen-Mönches bzw. einen der Falter zu
finden ... Ein paar Meter weiter traf ich auf grazile Falter, die ebenfalls zu den Eulenfaltern gehören und sich an den gelben Blüten des Sichelklees labten: Sonneneulen (Heliothis ...). Um welche Art der Sonneneulen es sich konkret handelt, vermag ich leider nicht zu sagen. Damit muss ich mich erst intensiv beschäftigen.
Die perfekte Tarnung ist selbstverständlich nicht nur dieser und anderen Raupen vorbehalten. Die Veränderliche Krabbenspinne (Misumena vatia) kann mit den Raupen des Späten Königskerzen-Mönchs sogar farblich locker mithalten. Kein Wunder, ist das Wort "veränderlich" im Namen der Spinne doch tatsächlich Programm. Jedenfalls für die weiblichen Vertreter dieser Spinnenart, die nicht nur bedeutend größer als die Männchen sind, sondern auch ihre Farbe ändern können. Welche Farbe sie annehmen, richtet sich nach der Farbe der Blüte, auf der sie gerade sitzen, um auf Beute zu lauern. Und deshalb ist die Veränderliche Krabbenspinne auf der Blüte des Weidenblättrigen Alants (Pentanema salicinum) eben gelb.
Der Weidenblättrige Alant ist eine eher seltene Pflanze, die nur auf ganz bestimmten Wiesentypen vorkommt. Moor- und Pfeifengraswiesen, kalkhaltige Feuchtwiesen und ähnliche Biotope. Dort, wo er
wächst, bildet er jedoch oft recht große Vorkommen aus. Ich bleibe mal noch kurz bei der gelben Farbe, um zwei Pflanzen zu erwähnen, die derzeit viele Wiesen, Wegränder und Brachen verzieren:
Erst einmal das Echte Leinkraut (Linaria vulgaris). Wer Löwenmäulchen in seinem Garten hat, dem wird die Ähnlichkeit mit dem Echten Leinkraut nicht entgehen, denn sie sind verwandt. Das
vielgestaltige Volk der Hummeln liebt Löwenmäuler leidenschaftlich. Egal, ob es sich um wilde Vertreter auf den Wiesen oder gezüchtete in unseren Gärten handelt. Zielsicher klappen sie mit dem
Kopf die "Mäulchen" auf, um an Nektar und Pollen zu gelangen. Manchmal verschwinden sie komplett in einer Blüte. Wer Hummeln etwas Gutes tun will, sollte viele Löwenmäulchen pflanzen. Eine
weitere häufige Pflanze, die viel Gelb in die Landschaft zaubert, ist der Rainfarn (Chrysanthemum vulgare). Meist findet man ihn in großen Gruppen und an manchen Stellen scheint es so, als gäbe
es nichts als Rainfarn. Tatsächlich ist diese Pflanze mehrjährig und vermehrt sich von Jahr zu Jahr. Wenn man eine Weile vor einem Rainfarnbestand ausharrt, tauchen unterschiedlichste Insekten
auf: Schmetterlinge, Fliegen, Wespen und Käfer beispielsweise. Beliebt scheinen sie beim Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella septempunctata) zu sein, der regelmäßig auf
Rainfarnblüten zu finden ist. Nicht selten sitzen unterhalb der Blüten Unmengen von schwarzen Blattläusen, die wiederum zielstrebig von Ameisen aufgesucht werden, die es auf die Ausscheidungen
der Ameisen abgesehen haben, den Honigtau - reinen Zucker, der Energie liefert. Übrigens: Rainfarn ist für Menschen leicht giftig und Weidetiere meiden ihn. Das sei gesagt. Wer sich also mit dem
Rainfarn beschäftigt, weil er zu den alten Heilpflanzen zählt, sollte sich unbedingt gewissenhaft informieren und nicht einfach so rumexperimentieren.
Sooo. Nun ist es aber genug mit gelben Blüten, denn die Welt der Blumen kennt ja schließlich unendlich viele Farben. Das leuchtende Blau der Gemeinen Wegwarte (Cichorium intybus) zum Beispiel. Einzigartig. Unverwechselbar. Phantastisch. Die Gemeine Wegwarte ist Vieles: Blume, Heilpflanze, Gemüsepflanze, sogar Liebespflanze. Im und nach dem Krieg machte man Kaffee aus ihr und und und. Wer sich dafür interessiert, wird in entsprechenden Büchern oder auf Internetseiten diverse Informationen finden - von Gedichten über Heilwirkungen bis hin zu Rezepten für die Kräuterküche.
Für mich ist die Wegwarte eine der schönsten Blumen am Wegesrand. So ein Wegwartenbusch mit seinen vielen blauen Blüten, die besonders am Morgen strahlen, ist ein Anblick, der die Augen und das
Gemüt verwöhnt. Leider ist die Pracht bereits gegen Mittag vorbei, denn die blauen Blüten öffnen sich nur morgens und vormittags und das für einen einzigen Tag. Zum Glück kommen während ihrer
Blütezeit unablässig neue Blüten nach, so dass uns die Pflanze wochenlang verzaubert. Ich habe übrigens noch nie Schmetterlinge an der Gemeinen Wegwarte gesehen. In der Regel tummeln sich Bienen
und Schwebfliegen wie die auf dem Foto in den Blüten. Da ich mich bei den Schwebfliegen überhaupt nicht auskenne, muss ich die genaue Bezeichnung schuldig bleiben und widme mich als nächstes der
Vogel-Wicke (Vicia cracca), die ebenfalls blau blüht, wenn auch etwas dunkler als die Gemeine Wegwarte. An Standorten, die der Vogel-Wicke zusagen - trocken, sonnig und warm - bildet sie oft
dichte, mit Hilfe ihrer Ranken verschlungene Bestände, in denen es mächtig summt und brummt. Die Vogel-Wicke ist außerdem eine wichtige Nahrungspflanze für Schmetterlingsraupen wie der des
Kleespinners (Lasiocampa trifolii) auf einem der Fotos. Dort, wo die Vogel-Wicke ein Auskommen hat, ist eine andere Blaublütige meist nicht weit: der Gewöhnliche
Natternkopf (Echium vulgare). Er trumpft mit kerzenähnlichen Blütenständen aus unzähligen kleinen Blüten auf, die zunächst rosa bis lila und erst im Alter blau sind. Natternköpfe sind nicht nur
Pflanzen von schöner Gestalt, sie sind außerdem ein ausgesprochener Insektenmagnet. Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Fliegen werden von dieser Pflanze magisch angezogen. Vom Blau ist es
schließlich nicht weit zum Lila. Auf dem aus vielen, kleinen Blüten zusammengesetzten Blütenkopf der Gemeinen Grasnelke (Armeria maritima) ist ein Gebänderter
Pinselkäfer (Trichius fasciatus) gelandet, um sich zu stärken. Die Gemeine Grasnelke ist ein genügsames und geschütztes
Gewächs, welches für Insekten verschiedenster Arten von unschätzbarem Wert ist. Sooo. Den Abschluss meines kleines Ausflugs in die Pflanzenwelt stellt das Allerweltsgewächs Gemeine
Schafgarbe (Achillea millefolium) zusammen mit der Wilden
Möhre (Daucus carota) dar. Beide schön, beide gesund und sehr wertvoll für unsere geflügelten Mitwesen. Ihre weißen Blüten sind weithin sichtbar und sind fast überall zu finden. Während auf der
Schafgarbe eine Stachelwanze (Acanthosomatidae) thront, krabbeln auf der abgeblühten Möhrenblüte die hübschen schwarz-roten Streifenwanzen (Graphosoma lineatum) herum - ein Bild, das im Juli
dort, wo Wilde Möhren wachsen, gar nicht so selten ist.
Ich finde übrigens, dass die von mir genannten Wildpflanzen durchaus in unsere Gärten passen. Ihre Blüten, ihr Habitus, ihre oft geringen Ansprüche und nicht zuletzt ihr Wert für unsere Insekten machen sie zu einem Muss für jeden, der Natürlichkeit vor der eigenen Haustür mag und verschaffen uns jeden Tag aufs Neue wunderbare Einblicke in die unendlich vielfältige Welt der Blüten und ihrer Besucher. Es gibt nicht wenige Gärtnereien, die inzwischen Wildpflanzen aus eigener Nachzucht zum Kauf anbieten. Von Pflanzen, die nicht unter Naturschutz stehen, machen es auch ein paar Samen, die man sich mitnimmt. Wie dem auch sei, ich wünsche allen, die sich jetzt draußen herumtreiben eine wunderbare Zeit und viele Entdeckungen. Bis denne ...
Staakener (Montag, 09 September 2019)
Hallo Marion, gut dass du die ganzen Blüten seinerzeit geknipst hast - so traurig wie es jetzt aussieht. Zum ersten Mal seit Wochen regnet es mal einigermaßen ordentlich. Aber ich fürchte es ist zu spät für die Bäume und anderen Pflanzen. Deshalb schaue ich mir diesen Blogartikel immer wieder gern an. Habe mir übrigens von Wegwarte und einigen anderen Blumen Samen genommen und werde die in meinem Garten aussäen. Mal sehen ob es klappt.
Staakener (Donnerstag, 22 August 2019 13:37)
Hallo Marion, mal wieder ein richtig guter Blogartikel, den man immer wieder lesen kann. Und dann die Fotos. Diese Raupe. Und die schönen Blüten. Ich weiß nicht warum, aber du siehst immer mehr als ich. Lach.
inderbotanik (Montag, 05 August 2019 17:16)
Hallo Frau Haufe, ein großes Lob auch für diesen Blog. Wunderschön. Mir gefällt der Pinselkäfer am besten. Die mag ich total. aber leider sieht man sie immer seltener. Und die Raupe wie butterfly schon schrieb - ein Gedicht.
butterfly (Mittwoch, 31 Juli 2019 11:00)
Die Raupe des Königskerzenmönchs ist ja ein Gedicht. Sowas Schönes. Und wie toll sie zwischen dem Gelb und Grün getarnt ist. Ich kann mir vorstellen, dass das ein Augenblick der Freude war. Die Natur ist halt eine Zauberin. In diesem Sinne wünsche ich weitere tolle Funde.