Kein anderer Vogel ist so eng mit dem Monat Mai verbunden wie die Nachtigall (Luscinia megarhynchos). Kaum sind die Männchen aus den afrikanischen Überwinterungsgebieten zurückgekehrt, schmettern sie Tag und Nacht ihr lautstarkes Lied, das aus unterschiedlichen Klick- und Tackerlauten sowie den berühmten melodischen Strophen besteht. Das Lied der Nachtigall ist unverwechselbar. Und unüberhörbar. Es übertönt alle anderen Vogelgesänge und sogar den Straßenlärm. Der Vogel selbst ist übrigens äußerst schwer zu entdecken. Nachtigallen sind ungefähr so groß wie ein Spatz. Ihr in verschiedenen Brauntönen gehaltenes Gefieder verschafft ihnen im Geäst der Bäume mit dem frisch ausgetriebenen Grün eine perfekte Tarnung. Manchmal steht meinereine ziemlich lange vor einem Baum, indem ein Nachtigallmänchen sein Lied zelebriert, ohne den Vogel lokalisieren zu können. Meistens sehe ich ihn erst, wenn er sich bewegt. Nachtigallen brauchen Bäume und Büsche, Hecken und krautige Flächen, in denen sie ihr Nest am Boden bauen können. Ihre Hauptnahrung besteht aus Insekten, Würmern, Spinnen und anderem kleinen Getier, aber auch Beeren und Früchte werden nicht verschmäht. In Staaken scheinen die Bedingungen für den sangesfreudigen Vogel optimal zu sein. Nahezu an jeder Baum- oder Gebüschgruppe und auch in Gärten schmettern Nachtigallen derzeit ihr Lied, das von jeher Inspiration für diverse Dichter und Musiker war. In Berlin ist sie übrigens im Sprachgebrauch allgegenwärtig: "Nachtigall, ick hör dir trapsen". Ja, diesen Spruch kennen wir alle. Und auch das Märchen "Jorinde und Joringel" der Gebrüder Grimm, in denen eine Nachtigall eine nicht unwichtige Rolle spielt, dürfte bekannt sein. Wie dem auch sei, einer Nachtigall zu lauschen, ist etwas Besonderes. Erfreuen wir uns daran und genießen den Mai, der natürlich viel mehr zu bieten hat als das großartige Lied dieses außergewöhnlichen Vogels. Die Schmetterlinge zum Beispiel. Wer jetzt in Feld und Flur unterwegs ist, dem sind wahrscheinlich die von weißen Gespinsten übersäten Pfaffenhütchenbüsche nicht verborgen geblieben. Manchmal tragen die Büsche kein einziges Blatt mehr und strotzen stattdessen vor Gespinsten.
Das ist das Werk eines kleinen Schmetterlings, der Pfaffenhütchen-Gespinstmotte (Yponomeuta cagnagella). Wenn man mal näher an solch einen Busch herangeht und sich die Gespinste genau anschaut, sieht man darin den Nachwuchs des Falters. Gelbe, mit schwarzen Punkten besetzte Raupen tummeln sich zuhauf in den Nestern und tun ihr gefräßiges Werk. Aus ihnen werden nach der Verpuppung zierliche, äußerst anmutige weiße Falter mit schwarzen Punkten, wie sie auf den Bildern aus den Vorjahren zu sehen sind.
Wer sich nun Sorgen um die hübschen Pfaffenhütchenbüsche macht, dem sei gesagt, dass sich die Pflanzen ziemlich schnell vom Kahlfraß erholen und neue Blätter und Blüten austreiben. Viele der Raupen werden außerdem das Puppenstadium nie erreichen, weil sie von Vögeln verspeist oder an die Jungen verfüttert werden. Ich habe schon oft Blau- und Kohlmeisen, Dorn- und Mönchsgrasmücken dabei beobachten können, wie sie sich emsig über die Raupenschar hergemacht haben. Und die Gespinste sind offensichtlich vor allem bei Distelfinken sehr beliebt, die das feine Material für ihre Nester verwenden. Wenn sich die von Pfaffenhütchen-Gespinstmotten besiedelten Büsche in artenreichen Hecken befinden, sind andere winzige, schwarz-silbrige Schmetterlinge im Mai nicht weit. Versehen mit langen filigranen Fühlern tanzen unzählige Männchen des Grünen Langfühlers (Adela reaumurella) um Blätter und Blüten herum und buhlen um die Weibchen. Die Weibchen tragen bedeutend kürzere Fühler als die Männchen. Meist sitzen sie reglos in der Nähe der Tanzplätze auf einem Blatt und warten darauf, dass sich eines der Männchen zu ihnen gesellt. Wobei "zu sich gesellt" etwas unpassend ausgedrückt ist. Tatsächlich stürzen sich die männlichen Falter einfach auf ein Weibchen und das reichlich ungestüm. Wie dem auch sei. Ich mag diese kleinen Schmetterlinge ungemein und genieße es, an warmen Maitagen ihren feengleichen Tänzen zuzuschauen. Ich finde diese Wesen einfach wunderschön.
Wie bereits oben geschrieben sind die Raupen der Pfaffenhütchen-Gespinstmotte beliebte Nahrung vieler Vögel. Aber artenreiche Hecken oder andere Gehölzgruppen haben einem Vogelschnabel natürlich noch viel mehr zu bieten: Raupen anderer Falter, Fliegen, Spinnen, Hummeln, Mücken, frische Blütenknospen und und und. Und nicht zu vergessen: Nistmöglichkeiten. Beides zieht Vögel unterschiedlichster Arten an, so dass sich für Vogelfreunde wie mich hervorragende Beobachtungsmöglichkeiten ergeben.
Anfang Mai sind es vor allem die melodischen Gesänge der Mönchs- und Dorngrasmücken. Während die Männchen der Dorngrasmücke (Sylvia communis) auf dem herausragendsten Ast der Hecke thronen, um ihr typisches Lied zu zwitschern, singt die Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) ihre immer gleichen Strophen eine Etage tiefer, etwas verdeckt von Zweigen. Beide verlassen ihre Sitzplätze zwischendurch immer wieder, um trällernd hoch in den Himmel aufzusteigen: "Seht her. Ich bin da. Das ist mein Revier. Kommt zu mir, ihr Weibchen. Ich bin der Tollste weit und breit". Gold- und Grauammern sind ebenfalls Besucher des Buschwerks. Genauso wie Rotkehlchen, Blau- und Kohlmeise, Amsel oder Bluthänfling. Viele der genannten Vögel werden im Geäst oder am Boden unter den Büschen in der Krautschicht ein Nest bauen und hoffentlich erfolgreich Nachwuchs aufziehen. Mit dem Nestbau sind auch die Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) beschäftigt. Seltene und vor allem im Prachtkleid wunderschöne Vögel, die den Winter in Afrika verbracht haben. Steinschmätzer benötigen offene, warme Landschaften mit Steinhaufen oder Mauern, in denen sie ihre Nester bauen. Als Insektenfresser, die gern am Boden jagen, sind sie darauf angewiesen, dass die Krautschicht nicht zu dicht wächst und immer wieder durch Freiflächen durchbrochen wird. Da offene Landschaften mit geeigneten Brutmöglichkeiten in Deutschland kaum noch vorhanden sind, zählen Steinschmätzer zu den bedrohten Arten in Deutschland. Dass ich das Steinschmätzerpärchen beim Nestbau beobachten durfte, war eine Ehre und überaus große Freude für mich. Na gut, gebaut hat überwiegend das Weibchen. Das Männchen war mehr damit beschäftigt, laut singend das Revier abzustecken und sein Weibchen im Auge zu behalten.
Ja, der Mai ist ein phantastischer Monat und es gibt unglaublich viel zu sehen. So viel, dass so ein Blogartikel nicht einmal annähernd ausreicht, um es zu beschreiben. Ehrlich gesagt, ich könnte jetzt noch seitenlang vor mich hinschreiben, aber das wäre wohl zu viel des Guten. Deshalb ist jetzt hier erst einmal Schluss. Bis zum nächsten Mal ...
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butterfly (Samstag, 11 Mai 2019 21:40)
Ich muss gestehen, dass ich noch nie eine singende Nachtigall hab entdecken können. Freue mich, dass dir ein Foto gelungen ist.
Staakener (Montag, 13 Mai 2019 13:11)
Hallo Marion,
tatsächlich schmettern die Nachtigallen an jeder Ecke Staakens. Unglaublich. Es ist mir noch nie aufgefallen wie viele es sind und ich hab mir auch noch nie eine angesehen. Danke für das Foto. In zukunft werde ich mal versuchen, die Vögel zu entdecken. Mein Nachbar ist übrigens schwer genervt vom nächtlichen Gesang. Von den Flugzeugen hingegen nicht. Verrückte Welt.
Manuela (Mittwoch, 22 Mai 2019 15:06)
Wiedermal schönste Bilder. Ich finde ja, dass der Kuckuck mehr zum Mai gehört als die Nachtigall. Zu sehen ist er ja auch nur selten, meist nur zu hören. Aber egal. Unsere Vögel sind halt alle schön und der mai ist eine tolle Jahreszeit.