Diesen jungen Höckerschwan hatte es im Januar auf einen kleinen Teich in Staaken verschlagen. Offensichtlich hatte er auf der Suche nach eisfreien Gewässern den Anschluss an seine Familie verloren und saß nun fest. Das glatte Eis machte ihm das Starten unmöglich. Denn um den schweren Körper in die Luft zu bringen, braucht er offenes Wasser oder wenigstens festen Boden unter den Füßen, genug Widerstand eben. Glücklicher Weise kümmerten sich viele Staakener um ihn - verhungern oder verdursten musste er nicht. Allerdings kündeten seine weithin hörbaren Rufe davon, dass er seine Familie vermisste. Die Höckerschwanfamilie auf dem nächsten Foto war gemeinsam auf Reisen, und zwar an der Prerower Ostseeküste. Genauso wie der Singschwan, den seine zierlichere Gestalt und der gelbe Schnabel vom Höckerschwan unterscheiden. Und während man Höckerschwäne schon von Weitem an ihren schweren, rauschenden Flügelschlägen erkennt, kündigt sich der Verwandte aus dem Norden mit einem charakteristischen Gesang an. Der Singschwan trägt seinen Namen also zu Recht. Die wunderschönen Tiere haben ihre Heimat in der sibirischen Taiga und anderen nördlichen Tundragebieten. Nur in den Wintermonaten weilen sie an unseren Küsten und Binnengewässern. Der vereinsamte Höckerschwan ist übrigens nicht schmutzig, sondern er trägt noch sein graues Jugendgefieder. Erst als erwachsener Schwan wird er in reinem Weiß daher kommen.
In den vergangenen Wintern hielten sich auch in Staaken zeitweise viele Vögel auf, die nur in der kalten Jahreszeit den Weg zu uns finden. Seidenschwänze, Wacholderdrosseln und riesige Schwärme der kleinen, schwatzhaften Birkenzeisige zum Beispiel. Seidenschwänze sind mir im Winter 2018/2019 gar nicht über den Weg geflogen, Wacholderdrosseln lediglich vereinzelt. Birkenzeisigschwärme tauchten erst in den letzten Wochen hier auf, doch anders als sonst sind sie nicht lange geblieben. Trotzdem hatte ich zwei sehr außergewöhnliche Begegnungen, nämlich mit dem Eisvogel und dem Raubwürger. Ersteren habe ich in meiner Wohngegend noch nie gesehen. Für einige trübe Wintertage hatte er sein Domizil an jenem Teich bezogen, auf dem später der junge Höckerschwan festsaß. Die größte Überraschung jedoch war der Raubwürger, ein Verwandter des Neuntöters. Ein überaus seltener und noch dazu sehr scheuer Vogel, dessen Bestand in Deutschland aufgrund schwindender Lebensräume beständig abnimmt. Ob er nur auf der Durchreise war oder vielleicht als Brutvogel bleibt - ich weiß es nicht. Das offene Gelände mit einzelnen Büschen, kleinen Bäumen und Dornengesträuch ist jedenfalls wie geschaffen für ihn. Mal sehen, wie es weitergeht.
Selbstverständlich dürfen jene gefiederten Wesen, die uns ständig umgeben, nicht unerwähnt bleiben. Allen voran Familie Meise mit den Kohl- und Blaumeisen, den Weidenmeisen oder Haubenmeisen. Nicht zu vergessen Grün- und Buchfinken, Stieglitze, Spatzen und Amseln oder die Heckenbraunelle. Um den winzigen Zaunkönig zu entdecken, muss man schon ganz genau hinschauen. Mit seinem braunen Gefieder bestens getarnt turnt er zwischen den Zweigen herum und sucht nach Nahrung. Der farbenfrohe Grünspecht hat es als Ameisenvertilger im Winter recht schwer und ist unentwegt auf Wiesen- und Rasenflächen unterwegs. Auch die Buntspechte haben kein leichtes Leben, wenn die Kälte selbst die in Baumrinde versteckten Insekten rar werden lässt. Es passiert deshalb gar nicht so selten, dass Buntspechte an Futterhäusern auftauchen oder an Meisenknödeln hängen. Auch die kompakten Kernbeißer lassen sich schmackhaftes Vogelfutter nicht entgehen - eine gute Gelegenheit, die prächtigen Vögel zu beobachten und genauer zu betrachten. Rotkehlchen hingegen sind regelmäßige Gäste und werden mit der Zeit sogar zutraulich. Oftmals warten sie in der Nähe schon auf die Zweibeiner mit den Leckerbissen und sind sofort zur Stelle, wenn das Futter die Hand des Menschen verlassen hat.
Dort, wo sich im Winter viele Vögel einfinden, lässt der Sperber nicht lange auf sich warten. Gut versteckt wartet er im Geäst benachbarter Bäume auf eine günstige Gelegenheit zur Jagd. Seine Geschicklichkeit, seine Schnelligkeit sind legendär und einmalig. Der Habicht tut es dem Sperber gleich und sitzt ebenfalls in den Bäumen. Die Vögel gehören derselben Greifvogelfamilie an, sehen sich sehr ähnlich und sind nicht immer leicht zu unterscheiden. Der große Mäusebussard hingegen ist ein un verwechselbarer Greifvogel. Reglos thront er auf Zäunen, Laternen, Baumstümpfen und anderen Sitzwarten und hält Ausschau nach Mäusen, die seine Hauptnahrung darstellen. Allerdings haben unsere Greifvögel selten ihre Ruhe. Meist werden sie schnell von Krähen, Elstern, Eichelhähern oder anderen Vögeln entdeckt, die mit lauten Rufen auf die lauernde Gefahr aufmerksam machen. Vor allem Nebelkrähen beweisen Mut und Ausdauer, wenn es darum geht, einen Greifvogel aus dem Revier zu vertreiben. Die minutenlangen Verfolgungsjagden am Himmel sind ein eindrucksvolles Spektakel. Dass der Habicht auf dem Foto mit der Nebelkrähe kleiner aussieht als diese, ist übrigens eine optische Täuschung, die durch die Perspektive entstanden sein muss. Tatsächlich war er größer als sein Stalker.
Tja, vor ein paar Tagen ist es überraschend warm geworden und wer Augen und Ohren aufmacht, kann es hören und sehen: Für die Vogelwelt hat der Frühling begonnen. Rotkehlchen und Zaunkönige singen ihr perlendes Lied, um die Weibchen zu beeindrucken. Kraniche ziehen am Himmel gen Norden oder Osten. Der Wind trägt ihre Rufe weithin über die Landschaft und oft sind sie schon zu hören, obwohl sie noch gar nicht zu sehen sind. Ringeltauben, Nebelkrähen und Elstern haben ihr Nest bereits gebaut und bezogen. Die quirligen Schwanzmeisen sind unentwegt auf der Suche nach Flechten und Moosen, mit denen sie ihr kunstvolles Nest auspolstern. Und der Amselmann? Er streitet sich leidenschaftlich mit anderen Amselmännern und singt das schönste Lied von allen. Mit seinem orangfarbenen Schnabel und Augenring, die einen prägnanten Kontrast zum tiefschwarzen Gefieder bilden, hat er sich in Schale geworfen. Jeden Morgen, schon vor dem Sonnenaufgang sitzt er auf dem Laternenmast vor meinem Fenster und verzaubert mich mit seinem unvergleichlichen Gesang. Sein Lied wärmt mein Herz, lässt mich lächeln. Die Rufe der Kraniche, der Gesang des Amselmannes, das Zwitschern all der Vögel - es kündet von der interessanten Jahreszeit, die kommt: den Frühling. Wie singt Reinhard Lakomy in seinem Frühlingslied des Traumzauberbaums so treffend?! "Amselmann, Amselmann, vor dir reißt der Winter aus. Amselmann, Amselmann, zwitschert vor dem Haus." Freuen wir uns darauf und wünschen der gefiederten Welt ein gutes Jahr. Mit bestem Wetter und jede Menge Nahrung für sich selbst und den Nachwuchs.
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Staakener (Montag, 25 Februar 2019 09:28)
Schöner Überblick über die Vogelwelt. Raubwürger. Nie gehört. Nie gesehen. spannend
Klaus1978 (Mittwoch, 27 Februar 2019 15:19)
hallo marion,
da hast du ja ein paar schöne vögel abgelichtet.
Bertram (Freitag, 29 März 2019 15:24)
Was ist denn aus dem jungen Schwahn geworden?
Ich (Dienstag, 02 April 2019 14:11)
Also, ich habe gehört, dass der Schwan zweimal zur Havel gebracht wurde und wieder an den Teich zurückgekehrt ist. An den Ort, wo er wahrscheinlich den Anschluss an seine Familie verloren hat. Interessant ist, dass sich auf dem Grundstück gegenüber meiner Wohnung seit ca. einer Woche ein noch nicht vollständig gefärbter Jungschwan aufhält. Auf dem Grundstück befindet sich ein kleiner Teich und soweit ich es sehen konnte, wird er gefüttert. Ich könnte wetten, dass es derselbe Jungschwan ist.
Vielen Dank für eure Zuschriften.
Staakener (Mittwoch, 03 April 2019 13:14)
Im Ernst? Der hat sich im Garten gegenüber nieder gelassen? Kaum zu glauben.
aka12 (Mittwoch, 10 April 2019 16:18)
ein schwan im garten? wird da wahrscheinlich fett gefüttert. die leute füttern ja alles.
Ich (Dienstag, 16 April 2019 12:02)
Ob die Nachbarn von gegenüber den Jungschwan gefüttert haben, weiß ich nicht. Unterernährt sah er jedenfalls nicht aus und inzwischen ist er verschwunden. Hat sich wohl nun doch endlich auf den Weg gemacht.