Wegen der Wetterprognose für den Nachmittag - schwere Gewitter mit Unwetterpotential wurden angekündigt - begann ich meine Staaken-Runde bereits am Morgen. Ich war noch nicht einmal 10 Minuten unterwegs, als mein Blick im Vorbeigehen auf einen farbenprächtigen, recht stattlichen Schmetterling fiel. Ein Schwärmer! Wow! Aber was für einer? Weinschwärmer wahrscheinlich, dachte ich. Dass das nicht falsch gedacht war, stellte sich zu Hause beim Blick in die schlauen Bücher heraus. Ich hatte tatsächlich den Mittleren Weinschwärmer entdeckt. Was für ein wunderschönes Tier, was für eine Augenweide. Der leuchtende Farbtupfer im frischen, grünen Gras sollte nicht die einzige Schmetterlingsüberraschung bleiben, denn zum ersten Mal fand ich in den Malvendickkopffalter. Daneben flatterten unheimlich viele Heidespanner durch die Gegend. Vor allem die anhand der gekämmten Fühler sowie bräunlichen Farbe gut von den eher weiß-schwarzen Weibchen zu unterscheidenden Männchen. Hier und da saß ein Tagpfauenauge auf dem Boden, erste Bläulinge ließen sich blicken und ein in Staaken recht seltenes Landkärtchen kreuzte ebenfalls meinen Weg. Im Gebüsch am Wegesrand saßen Labkrautspanner sowie Vogelschmeißfalter zwischen den Blättern - bestens getarnt im Spiel von Licht und Schatten. Von den Labkrautspannern gibt es übrigens verschiedene Unterarten, die ich nicht sicher voneinander unterscheiden kann. Aber immerhin weiß ich ja schon mal, dass es sich um Labkrautspanner handelt ...
Auf den von der Morgensonne beschienenen Blättern eines Ahorns hatte sich eine Gruppe Grüner Langfühler versammelt. Bei jedem Windstoß flogen die überaus filigranen Miniwesen auf und vollführten einen feengleichen Tanz. Ein fast unwirklicher Anblick. Zauberhaft. Einfach schön. Kurzum: Die Schmetterlinge waren überreichlich vertreten und weil alle Bilder den Rahmen meines Artikels sprengen würden, zeige ich nur eine kleine Auswahl. Zufrieden mit diesem Start in den Tag spazierte ich im Sonnenschein dahin, umgeben vom Duft der blühenden Weißdornbüsche, des Sauerdorns und der ersten Wildrosen. Bei genauem Hinsehen entdeckte ich diverse Insekten in den Rosenblüten - Bienen, Hummeln, Schwebfliegen, Schmetterlinge und kleine Käfer, deren Namen ich nicht kenne. Ein dicker Rosenkäfer machte seinem Namen alle Ehre und labte sich an tiefgelbem Pollen, während ein kleines Grünes Heupferd die wärmenden Sonnenstrahlen genoss.
Ab und an tauchte eine Hornisse im Blätterwerk der Pflanzen auf, um Nahrung aufzuspüren. Gut getarnt gingen verschiedenfarbige Wanzen ihrer Wege - mal im Gras, mal im Gebüsch. Überhaupt: Die Insekten. Was für eine vielgestaltige, artenreiche Welt, die sich einem nur erschließt, wenn man sich Zeit nimmt. Wo es von Insekten nur so wimmelt, sind auch Vögel nicht weit. Neuntöter, Braun- und Schwarzkehlchen, Bachstelze, Dorn- und Mönchsgrasmücke beispielsweise sind inzwischen aus ihren Überwinterungsgebieten zu uns zurückgekehrt und widmen sich dem künftigen Nachwuchs. In den Löchern einer alten, mit Graffiti verzierten Mauer haben sich Uferschwalben eingemietet. Vögel, die ich nur von den Steilküsten der Ostsee kenne. Toll auch der farbenprächtige Stieglitz mit der Blume im Schnabel. Für wen die wohl gedacht war? Fürs Nest oder für die Angebetete?
Während die Bachstelze bereits Futter für die Brut sammelt, beginnen die Neuntöter gerade mal mit der Balz. Begleitet vom Ruf des Kuckucks, der auf der Suche nach einem Weibchen ist und die Aufzucht seiner Jungen anderen Vögeln überlässt. Eine Grauammer singt auf der Spitze einer Birke ihr charakteristisches Lied und stimmt in den Chor der anderen Vögel ein. Was gibt es Schöneres als einen Tag, an dem die Luft vom Zwitschern der Vögel und Geruch des nahenden Sommers erfüllt ist. Herrlich! Dort, wo die Pflanzendecke lückig ist und von offenen Stellen durchbrochen wird, leben eher heimliche Gesellen, die unsereins meist nur noch im Gras verschwinden sieht: die Zauneidechsen. Auf von der Sonne erwärmten Steinen tanken sie Sonne und warten auf Beute. Besonders die prächtig grün gefärbten Männchen müssen dabei aufpassen, dass sie nicht selbst zu Gejagten werden. Bei Greifvögeln wie dem Turmfalken stehen Zauneidechsen als Nahrung hoch im Kurs genauso wie bei Kolkraben, Nebelkrähen, Graureihern oder Wildschweinen. Die große Zahl ihrer Feinde ist auch der Grund dafür, dass sie schleunigst verschwinden, sobald sie irgendeine Bewegung oder einen Schatten wahrnehmen. Neben einem trächtigen Weibchen - mit seinen grau-braun-schwarzen Farben um ein Vielfaches besser getarnt als die Männchen - saß die erste Libelle diesen Jahres und trug ihre eleganten Flügel zur Schau: ein Meisterwerk der Natur und Beispiel für viele technische Erfindungen der Menschen.
Am Rande des warmen, sonnigen Eidechsenareals befindet sich ein artenreicher Gehölzsaum aus Schlehe, Weißdorn, Sauerdorn, verschiedenen Wildrosen und Pfaffenhütchen. Viele der Pfaffenhütchen trugen statt ihrer Blätter und Blüten allerlei Gespinst mit Raupeninhalt - Nester der Pfaffenhütchen-Gespinstmotte, eines kleinen weißen Falters mit schwarzen Punkten. Soooo. Nach guten zwei Stunden wurde es mir zu warm. Mal abgesehen davon, dass mein Kopf voller Bilder und Eindrücke war. In Staaken tobt das Leben in phantastischer Vielfalt. Zum Abschluss gibt es noch ein paar Bilder von jenen Wesen, die keine Erwähnung im Text finden und deren Namen ich (bis auf die Knospe des Türkischen Mohns) nicht kenne ...