· 

Wunderbare Begegnung mit einem Schwalbenschwanz

Gestern war Sonntag und der Wetterbericht sagte Temperaturen von um die 30 Grad voraus. Ein sonniger, sehr warmer Tag also. Wie immer in den letzten zwei Wochen trieb es mich an solchen Tagen in ein ganz bestimmtes Gebiet. Durchsetzt von Büschen und Obstbäumen, hier und da von steinigen, kleinen Mauern durchbrochen ist dieses Wiesengelände Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen.

Weiblicher Schwalbenschwanz (Papilio machaon) bei der Eiablage, 24.07.2016, Staaken/Berlin
Weiblicher Schwalbenschwanz (Papilio machaon) bei der Eiablage, 24.07.2016, Staaken/Berlin

Neben Schwarzkehlchen, Steinschmätzern, Neuntötern, Dorn- und Mönchsgrasmücken, Turmfalken, Mäusebussard sowie vielen anderen Vögeln tummeln sich dort nicht wenige Zauneidechsen und Feldhasen sowie unheimlich viele Falter. Seit Mitte Juni wimmelt es dort nur so von Schmetterlingen. Das trockene, heiße Gebiet mit seiner reichhaltigen Flora ist für Schmetterlinge geradezu ideal. Verschiedene Distel- sowie Wiesen-Flockenblumenarten, Sprossende Felsennelke, drei Mauerpfefferarten, Seifenkraut, Rainfarn, Großblütige und Schwarze Köngiskerze, Wilde Möhren - es ist unglaublich, wie viele Pflanzenarten dort trotz der extremen Bedingungen gedeihen. Diese Vielfalt sorgt zusammen mit diversen Heckenrosen, Obstgehölzen, Berberitzen, Holunder usw. für eine monatelanges Nahrungsangebot. Angesichts dieser Biotopausstattung und des warmen Klimas hoffte ich auf einen besonderen Schmetterling, nämlich den Schwalbenschwanz. Den einzigen Ritterfalter, den meinereiner bei uns überhaupt entdecken kann und der noch dazu eine Seltenheit ist. In den vergangenen Jahren habe ich ihn nur zwei Mal in unserer Umgebung zu Gesicht bekommen. Ich war mir sicher, wenn er in diesem Sommer auftaucht, dann in diesem Gebiet.

Immer, wenn es meine Zeit erlaubte, machte ich mich auf den Weg, fotografierte fleißig und freudig Neuntöter und Co., Zauneidechsen und so manch schöne Blüte. Ich traf Dukaten-Feuerfalter, Kohl-Weißlinge, Zitronenfalter, Tagpfauenaugen, Bläulinge und viele Kleinlinge, die ich nicht kenne. Vor ein paar Tagen dann das erste Highligt: Postillon oder Goldene Acht (ich bin mir bei der Bestimmung noch nicht hundertprozentig sicher) und Resedafalter. Für den Resedafalter habe ich all unsere Bestimmungsbücher gewälzt und im Internet recherchiert, denn in unserer Gegend gilt er als äußerst selten. Inzwischen steht fest: Es sind Resedafalter. In einem recht eng begrenzten Gebiet tauchen sie im Moment regelmäßig auf. Auch Kleiner Fuchs, Scheckenfalter und Perlmutterfalter gesellen sich mehr und mehr dazu. Und ja, dann, vor drei Tagen sah ich ihn: Den ersten Schwalbenschwanz. Aber so schnell wie er aufgetaucht war, war er auch wieder verschwunden. Aber immerhin, meine Vermutung erwies sich als richtig und ich schöpfte neue Hoffnung, ihn vielleicht noch einmal sehen und dann fotografieren zu können.

Weiblicher Schwalbenschwanz (Papilio machaon) bei der Eiablage, 24.07.2016, Staaken/Berlin
Weiblicher Schwalbenschwanz (Papilio machaon) bei der Eiablage, 24.07.2016, Staaken/Berlin

Gestern also marschierte ich wieder los. Gut eingecremt mit Sonnenschutz, bewaffnet mit Wasser. Es sollte ja schließlich heiß werden und da, wo ich hinwollte, ist es an solchen Tagen noch heißer als anderswo. Ich war schon über eine Stunde unterwegs, hatte viel Schönes gesehen und aufmerksam die Umgebung beobachtet, da saß er plötzlich vor mir auf dem Weg. Fast hätte ich ihn übersehen, weil er reglos auf dem steinigen Boden saß. Ein Schwalbenschwanz. In all seiner Schönheit. Was für ein Anblick. Was für ein prächtiges Tier. Meine Güte, ich war ganz aufgeregt. Vorsichtig fotografierte ich ihn von Weitem, pirschte mich immer näher heran, bis er dann aufflog.  Das wars, dachte ich. Aber jut, der Sommer ist ja noch lang und ein paar Fotos hatte ich machen können. Vor allem aber - es gibt sie. Hier. In diesem Gebiet. Doch zu meiner Freude machte er sich nicht aus dem Staub, sondern hielt sich weiterhin in meiner Nähe auf. Flatterte mal hierhin, mal dorthin, setzte sich mal auf den Weg, mal auf kleine Möhrenpflanzen. Seltsamer Weise zeigte er an den großen, blühenden Möhrenpflanzen keinerlei Interesse. Ich war glücklich, machte meine Fotos. Was für ein Tag! Als sich der Falter erneut auf eine kleine Möhrenpflanze niederließ, hatte ich Gelegenheit, genauer hinschauen zu können. Und was ich in diesem Moment entdeckte, war einfach Wahnsinn. Es war ein Weibchen! Und es legte Eier! Jeweils ein winziges Ei an ein Möhrenblatt, einmal auf Scharfgarbe. Wow. Über eine Stunde wohnte ich der fleißigen Nachwuchsarbeit von Frau Schwalbenschwanz bei, bis sie schließlich auf und davon flatterte. Hm. Ich schwebte förmlich nach Hause. Wirklich. Für den Rest des Tages hatte ich ein zufriedenes, fröhliches Lächeln für mich gepachtet. Sowas erlebt meinereiner ja nicht alle Tage.  Und auch in den nächsten Wochen wird mich mein Weg mit Sicherheit weiter in dieses Gebiet führen. Ich hoffe, die Raupen und Puppen sehen zu können. Mit viel Glück vielleicht sogar die nächste Generation der Schwalbenschwänze. Und wenn sie es in diesem Jahr nicht mehr schaffen und als Puppe überwintern, weiß ich ja, wo sie zu finden sind: Diese wunderschönen, seltenen Geschöpfe.

Nachtrag:

Tatsächlich habe ich später einige Raupen an derselben Stelle entdeckt. Fotos davon gibt es hier: "Der Schwalbenschwanz (Papilio machaon)".

Kommentare: 3
  • #3

    Ich (Montag, 29 August 2016 14:00)

    So, liebe Leute. Natürlich bin ich regelmäßig auf Raupensuche gegangen. Dort, wo das Schwalbenschwanzweibchen seine Eier gelegt hatte. Bis gestern habe ich insgesamt 9 wunderschöne Schwalbenschwanzraupen entdeckt und hoffe, dass sie alle am Leben bleiben, als Puppe gut über den Winter kommen und im nächsten Jahr als Schönheiten ihr Leben leben.

  • #2

    Ich (Dienstag, 02 August 2016 12:47)

    Hallo staaken 01,

    es freut mich, dass Sie regelmäßig den Weg auf meine Seiten finden. Wirklich. Das lese ich sehr gern. Aufgrund Ihres Tipps bin ich am Hahneberg auf die Suche nach dem Schwalbenschwanz gegangen. Leider vergeblich. Was aber wohl damit zu tun hat, dass die Schafe alles Blühende mal wieder in ihre Mägen haben wandern lassen. Trotzdem lieben Dank für den Hinweis. Ich bleibe dran.

  • #1

    staaken01 (Montag, 25 Juli 2016 13:36)

    Sehr geehrte Frau Haufe,

    seit Ihrem Hundekacktütenblog bin ich Mitleser der ersten Stunde hier. Dass Sie den Schwalbenschwanz gefunden haben, freut mich. Derzeit taucht er auch am Hahneberg dann und wann auf. Insbesondere an den Hängen zum Fortzugang.

    Mit freundlichen Grüßen
    Ein Staakener